Die Geschichte der Russischen Orthodoxen Gemeinde in Stuttgart beginnt mit dem 13.April 1816, dem Tag des Einzugs der Großfürstin Catharina Pawlowna von Rußland, nachmaligen Königin von Württemberg. Zwar hatten schon seit 1776, dem Jahr der Vermählung des Großfürsten Pawel Petrowitsch von Rußland mit Maria Feodorowna, geborene Prinzessin Sophie Dorothee von Württemberg, den Eltern der Großfürstin Catharina Pawlowna, gelegentlich orthodoxe Gottesdienste in Stuttgart stattgefunden, aber zu einem regelmäßigen gottesdienstlichen Leben kommt es erst ab 1816.

Kirche

Das erste ständige Gotteshaus erhält die Gemeinde, als 1824 die russische orthodoxe Kirche über der Grablege der 1819 verewigten Königin auf dem Württemberg, oberhalb von Rotenberg, geweiht wird. Der erste Gemeindegeistliche und Beichtvater der Königin Catharina Pawlowna, Priester Wassilij Athanasieff erlebt die Weihe dieses Gotteshauses jedoch nicht mehr. 1823 entschläft der, 1788 in St. Petersburg geborene Geistliche in Stuttgart und wird auf dem Hoppenlaufriedhof beigesetzt. Dort ist sein Grab bis heute erhalten.

Neben der Grabkirche auf dem Württemberg unterhielten sowohl Königin Olga Nikolaijewna, Gemahlin König Karls, als auch deren Nichte und Adoptivtochter Herzogin Wera Konstantinowna, Großfürstin von Rußland in ihren Residenzräumen eigene russische orthodoxe Kapellen. Nach dem Entschlafen Königin Olgas setzte sich Herzogin Wera Konstantinowna für den Bau einer orthodoxen Kirche in Stuttgart ein. Sowohl Zar Alexander III als auch Märtyrer-Zar Nikolaus II. unterstützten dieses Vorhaben finanziell, so daß am (6.) 18. Dezember 1895 die Hl. Nikolaus-Kathedrale geweiht werden konnte. Hier finden seither regelmäßig Gottesdienste statt.

Der von den Architekten Eisenlohr und Weigle konzipierte Bau aus roten Ziegelsteinen auf einem Sockel von weißen Sandsteinen hat sein Vorbild in den Moskauer Kirchenbauten des ausgehenden 16. beginnenden 17. Jahrhunderts.

Die Kircheneinrichtung stammte aus der Hofkapelle der Königin Olga. Die goldenen und silbernen Kirchengeräte, welche bis heute erhalten sind, waren ein Geschenk des Zarenhauses, die goldbestickten Priesterornate - beste Arbeit russischer Klöster. Das Untergeschoß beherbergte eine reichhaltige Kirchenbibliothek.

KircheIm Ersten Weltkrieg wurde die Russische Kirche in die Obhut der Spanischen Gesandtschaft gegeben. Die Gemeinde hörte aber nicht auf zu existieren. Bald nach dem Krieg fanden wieder regelmäßig Gottesdienste statt. Infolge des Zweiten Weltkrieges erfuhr die russische Kirchengemeinde in Stuttgart einen größeren Mitgliederzuwachs. Ab 1943 besuchten auch zahlreiche Ostarbeiter die Russische Orthodoxe Kirche, die ihnen ein Stück Heimat bis zum heutigen Tag wurde.


In der Nacht vom 12. zum 13. September 1944 wurde die Kirche Opfer eines Bombenangriffes. Dabei wurde die kostbare Innenausstattung ein Raub der Flammen. Die Kuppel und der Helm des Glockenturmes wurden weggesprengt, jedoch hielten die Außenmauern der Kirche dem Druck der Bomben stand. In den folgenden Jahren wurde die Kirche originalgetreu wider aufgebaut. 1972 wurde ein, durch den berühmten Ikonographen Nikolai Schelechow gestalteter Ikonostas in die Kirche eingebracht. Seit 1996 wird die Kirche grundlegend restauriert. Ein russischer orthodoxes Glockengeläut, das einzige seiner Art in Süddeutschland, ruft seit dem Osterfest 1998 die Gläubigen zum Gottesdienst.

Seit Beginn der 90er Jahre wuchs die Gemeinde aufgrund der geänderten politischen Verhältnisse in Rußland ständig an. Heute ungefähr 500 bis 700 Gläubige in Stuttgart und ganz Württemberg umfassend, besteht sie aus Russen, Deutschen, Griechen, Serben, Bulgaren und anderen Nationalitäten. Sie erfüllen die Kathedrale mit einem regen Gemeindeleben.

Als älteste fremdstämmige Gemeinde Stuttgarts und älteste bis heute existierende orthodoxe Gemeinde Deutschlands, bewahrt und lebt sie die jahrtausendealten geistlichen und liturgischen Traditionen der Orthodoxen und formt vom Zentrum des Gottesdienstes her das geistliche Leben der Gläubigen.