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Gedankenaustausch mit berühmten Russen 

In den Jahren vor der Revolution von 1848 waren noch viele Russen im Ausland, und zwar in erster Linie Persönlichkeiten der höchsten und gebildeten Gesellschaft. Mit ihnen konnte man sich über seine Gedanken aussprechen, und die Gedanken waren in den alten Zeiten schwer für Russen in der Fremde. Ich erinnere mich eines solchen Abends, es war ein wunderbarer südlicher Abend, als ich mit meiner verstorbenen Frau aus dem Fenster schaute und beinahe darüber weinte, als wir uns über unser Schicksal beklagten, das uns in die Fremde geführt hatte. Doch dieses Heimweh ist eine vergängliche Krankheit. Die Gedanken, die auf einen denkenden Menschen eindringen, der unter Fremden lebt, verzehren die Seele mit einem unbeschreiblich heissen Verlangen nach dem Wohl des Vaterlandes und gleichzeitig mit einer Wehmut, warum in der Heimat nicht alles so gut ist, wie man gerne möchte. Jeder Russe, der sich im Ausland nicht nur vorübergehend aufhielt, erfuhr ein solches Mitleid mit seiner Heimat. Doch etwas anderes ist erstaunlich, was ich an mir selbst erlebte. Diese beunruhigenden Gedanken verfliegen von selbst, wenn man nach Russland kommt und einige Zeit hier lebt. Wenn man jedoch die Grenze der Heimat wieder überschreitet, treten sie wieder mit neuer Kraft in der Seele auf. Soll man das dem Umstand zuschreiben, dass das brodelnde tägliche Leben einen so gefangen nimmt, dass man sich nicht über alles Rechenschaft ablegt, was um einen herum geschieht, oder dem, dass einen in diesem einen umgebenden Milieu nichts an diese Gedanken erinnert, die vom Vergleich des heimischen Lebens mit dem fremden entstehen, das seine eigene Ordnung hat und in Fleisch und Blut anderer Völker übergegangen ist?

Ich erkläre mir dies so: wenn man vor einem riesigen Bild steht, auf dem unter dem Pinsel des Künstlers das Leben in verschiedenen Formen pulsiert, so sieht man nur einzelne Gruppen und in ihnen Figuren, auf deren Gesichtern Gefühle oder Gedanken ausgedrückt sind, doch einen Gesamteindruck erhält man nicht, solange man sich nicht weiter entfernt, um mit einem Blick den ganzen Effekt der Darstellung zu erhaschen, die ganze Idee des Künstlers. So ist es auch mit diesen patriotischen Gedanken. Solange wir uns selbst in diesem Wirbel des Lebens befinden, begeistern wir uns und beschäftigen uns mit einzelnen Erscheinungen, und die Gedanken, wenn sie auch von dem einen oder anderen Mißstand vorübergehend aufgewühlt werden, schlummern bald wieder unter immer neuen Eindrücken ein. Doch wenn man sich selbst aus diesem Milieu losreißt und die Geschehnisse nicht aus nächster Nähe, sondern sozusagen aus der Vogelperspektive betrachtet, so erscheint alles klarer, sowohl der Anfang als auch das Ende jeder Erscheinung, aber auch die Mittel, um Böses abzuwenden oder zu berichtigen. Die Deutschen haben ein Sprichwort: Vor lauter Bäumen sieht man den Wald nicht. Dieses Sprichwort kann man besonders auf unsere Anführer anwenden, die tatsächlich mehr die Bäume sehen als den Wald selbst. 

Unter den berühmten Russen jener Zeit hatte ich Gelegenheit, den Grafen Bludov kennenzulernen, der aus Rom zurückkehrte, wohin er zum Abschluss des Konkordats mit dem Papst gereist war; mit A.N. Murawiew, ebenfalls nach seiner Reise nach Rom, die er später in seinen Römischen Briefen beschrieb; mit M.P. Pogodin u.a. – Bludov lernte ich in der Familie Schukowskij in Frankfurt kennen. Ich erinnere mich daran, wie er ihn beschämte, dass seine Kinder damals nicht russisch sprachen. 

– Nun schauen Sie, – sagte er zu mir gewandt, – unser russischer Barde, unser Homer, der seine Odyssee in seiner Familie liest, und seine Familie versteht ihn nicht. Selbst hat er Homer gehört, ohne ein Wort Griechisch zu verstehen. Doch hier verstehen ihn weder die Frau noch die Kinder, gleich wie klangvoll er ihnen dieses Epos liest. 

Der arme Schukowskij zeigt uns als Antwort die von ihm selbst zusammengestellten Tabellen, nach denen er seinen Kindern russisch beibringen wollte. 

– Mit A.N. Murawiew, der mich in Wiesbaden besuchte, hatte ich eine Unterhaltung über die vermeintliche Herrschaft des Zaren über die Russische Kirche. Ich versuchte zu beweisen, dass bei uns, wenn auch nicht de jure, so doch de facto, die Herrschaft bestand und führte ihm als Beispiel einen Fall an, der sich mit mir ereignet hatte. Bei Abschluss des Studiums schrieb ich eine Magisterdissertation über die Anglikanische Kirche im Vergleich zur Orthodoxen, und hier wies ich unmittelbar auf die Besonderheit unserer Kirche hin, dass wir die Vorherrschaft des Zaren über die Kirche nicht anerkennen, wogegen in der Anglikanischen Kirche der König nach protestantischem Prinzip das Haupt der Kirche ist, daher Episcopos. Nachdem ich die Dissertation eingereicht hatte, begab ich mich in aller Ruhe in die Familie meines damals noch zukünftigen Schwiegervaters, des Erzpriesters Kotschetow, als plötzlich ein Kurier aus der Akademie bei mir erscheint und mich auffordert, unverzüglich beim Inspektor zu erscheinen, der damals der Archimandrit Joseph war. Als ich bei ihm erschien, empfing er mich mit folgenden Worten:

– Was haben Sie da in Ihrer Dissertation geschrieben, dass bei uns der Zar nicht das Haupt der Kirche ist. Dafür erhalten Sie doch nicht den Magistergrad!

Auf meine bescheidene Frage: “Ist das denn nicht so?” antwortet er: 

– Ja, das kann man doch nicht sagen! Das wird nicht erlaubt! Hier, nehmen Sie Ihre Dissertation und ändern Sie diese Stelle, oder sprechen Sie überhaupt nicht darüber. 

Als ich das Murawiew erzählte, geriet er in großen Zorn.

– Das ist alles das Werk von Graf Protasow! Er wird dafür und für vieles anderes Gott Rechenschaft geben!

Und zum Abschluss sagte er mir:

– Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, sowie ich nach Russland zurückkehre, schreibe ich und veröffentliche direkt, dass das Verleumdung ist, und dass der Herrscher bei uns nicht das Oberhaupt der Kirche ist! 

Und wirklich, er setzte sein Wort in die Tat um, veröffentlichte darüber einen Artikel, den er mir zusandte, und den ich eiligst ins Deutsche übersetzte und an eine der evangelischen Kirchenzeitungen schickte, wo sie auch mit dem Namen des Verfassers abgedruckt wurde. Bei dieser Begegnung griff mich Andrej Nikolaewitsch auch wegen der Übertretung der Fastengebote im Ausland an. Vergeblich bemühte ich mich, mich mit der Schwierigkeit des Kaufs von Fastennahrung und dem Ungeschick der Köchin bei der Zubereitung von Fastenspeisen zu verteidigen. Er verwies auf das eigene Beispiel. 

– Sehen Sie, ich wohne in Hotels, und an Fastentagen ernähre ich mich mit Salat. Sehen Sie, sagen auch Sie Ihrer Eva, dass sie Sie nicht verführen soll. 

– Schließlich, – sage ich, – ist dieses Essen so gleichgültig, dass es niemanden verführt.

– Aber, – entgegnete er, – Sie selbst verführen.

– Dann, – antwortete ich, – werde ich nie Fleisch essen ....

Das Jahr 1847 ist mir aus familiären Gründen in guter Erinnerung. In diesem Jahr wurde mein zweiter Sohn Paul geboren, und zugleich mit seiner Geburt erkrankte meine Frau an einem Brustleiden, dem sie nach drei Jahren erlag. Nach einem besinnlichen Familienleben und angenehmen dienstlichen Betätigungen musste ich nun auf einmal alle Unannehmlichkeiten des Lebens in der Fremde erfahren, unter fremden Menschen. Meine kranke Frau musste ich mit dem älteren Sohn nach Bad Ems bringen, den Neugeborenen aber zu Hause in den Händen einer deutschen Gouvernante lassen. Selbst musste ich nach Heidelberg reisen, wohin man mich zu der sterbenden Tschernyschewa-Kruglikowa rief. Überhaupt hat die Wiesbadener Kirche um sich eine große und über ein riesiges Territorium verstreute Gemeinde. Die Wiesbadener Kirche, die sich inmitten der vornehmlich von Russen besuchten Kurorte befand, musste sich um die Bedürfnisse der Russen in Heidelberg und Baden, in Straßburg und auf die gesamte Länge des Rheins kümmern, so dass es nicht selten geschah, dass der Priester, der von einer Amtshandlung an einem Ort zurückkehrte, sofort auf der Eisenbahn die Einladung erhielt, in die andere Richtung zu fahren, und, ohne nach Hause zu kommen, sich wieder auf den Weg begeben musste. So geschah es auch mir in dieser Zeit. Nach mehrtägiger Abwesenheit zurückgekehrt, finde ich meinen Kleinen sterbend auf den Armen des Kindermädchens, und aus Ems die Nachricht von der Verschlechterung des Gesundheitszustandes meiner Frau. All das regte mich in solchem Maße auf, dass ich selbst krank wurde und mich ins Bett legte. Und hier, in Wiesbaden selbst unaufschiebbare Amtshandlungen für Russen. Doch Gott half mir, einen Ausweg aus all diesen Schwierigkeiten zu finden. Für den Kleinen fanden wir sofort eine Amme, und er lebte auf. Ich selbst wurde dank meiner jungen Kräfte (ich war damals erst 28 Jahre alt) schnell gesund, besorgte die mich erwartenden Amtshandlungen in Wiesbaden und begab mich nach Bad Ems. Hier berichtete ich erst meiner Frau von all dem Ungeschick, das mir widerfahren war, und das man ihr bisher verheimlicht hatte, um sie nicht zu beunruhigen, und hier erfuhr ich von dem Arzt, der meine Frau behandelte, das Todesurteil für sie, da sie nach seinen Worten, die sich leider bestätigten, noch einige Zeit mit ihrer Krankheit kämpfen konnte, zu ihrer Besiegung gab es jedoch keine Möglichkeit. Und in der Tat, ganz am Anfang ihrer Behandlung in Bad Ems trat bei ihr Fieber auf, und die Behandlung musste eingestellt werden. Nach Wiesbaden zurückgekehrt, tauften wir unseren inzwischen gekräftigten Kleinen. Bei seiner Taufe war der Pate ein gewisser Oberst Kublitschkij, den ich hauptsächlich wegen seiner wunderbaren Hinwendung zu Christus in lebhafter Erinnerung habe. Das war ein ganz weltlicher Mensch und nach seinen eigenen Worten verbittert gegen Gott. 

– In Russland wütete die Cholera, – so erzählte über sich Kublitschkij, – und in einem Dorf, dem einzigen in der Umgebung, starben die Leute schrecklich, und all die besten von meinem Gesinde. Es starb der Tischler, es starb der Schmied. Einmal kommen die Leute zu mir und sagen: Iwan (oder Peter) ist gestorben, der für mich das rechte Auge oder die rechte Hand auf dem ganzen Gut war. Da rieß ich mir die Mütze vom Kopf, warf sie auf die Erde, wandte mich mit den Fäusten zum Himmel und sprach eine furchtbare Gotteslästerung gegen die Vorsehung aus. 

Danach fuhr er mit seiner Frau ins Ausland und irgendwo im Süden Frankreichs überaß er sich nach seinen eigenen Worten an Süßigkeiten und und erkrankte lebensgefährlich. 

– Ich lag, – erzählte er, – besinnungslos. Meine Frau saß an meinem Bett und erwartete meinen Tod. Im Halbschlaf oder im Wahn sehe ich, dass man mich auf irgendeinen Berg zerrt, immer höher, und als ich schon unweit des Gipfels bin, höre ich eine Stimme: Laßt ihn, er ist noch nicht bereit. Man ließ mich fallen, und ich flog herab. In diesem Moment öffnete ich die Augen und kam wieder zu Bewußtsein. Seit jener Zeit ging mir die gehörte Stimme "er ist noch nicht bereit!" nicht mehr aus dem Kopf, und ich wartete immer auf etwas. 

Nach Deutschland zurückgekehrt, machte er in Karlsruhe halt, und hier traf er einen Bekannten, Baron Hügel, der ihn in die Gesellschaft von Pietisten einführte. Hier wurde ihm das Wort Gottes eröffnet, er wurde plötzlich neugeboren und wurde zu einem feurigen Christen. Ich erinnere mich an eine unserer häufigen Unterhaltungen über dieses Thema. 

– Jetzt, – sagte er, – bin ich glücklich in der Liebe zu meinem Heiland. Jedes Wort Seines Evangeliums ist mir heilig. Um eines nur bitte ich Ihn Tag und Nacht, dass Er mir nicht die Versuchung schickt, meine Wange dem hinzuhalten, der mich auf die andere geschlagen hat. Hier fühle ich, dass ich mit meinem alten Menschen nicht zurechtkomme und nicht aushalte, ohne den Beleidiger zum Duell aufzufordern!

Doch Gott bewahrte ihn vor dieser Versuchung, und er starb einen stillen christlichen Tod, nachdem er nach Russland zurückgekehrt war. Seine würdige Gattin, die von Natur aus sanft und demütig war, war die Wegbegleiterin seines Lebens bis zu seinem Tod, nach dem sie sich dem christlichen Dienst am Nächsten widmete, und sie ist bis heute (1883) Oberin einer Gemeinschaft von barmherzigen Schwestern, die unter dem Namen der Heiligen Dreifaltigkeit bekannt ist.