Erhebung in die Würde eines Erzpriesters
In diesem Jahr wurde ich in die Würde eines Erzpriesters erhoben. Aus irgendeinem Grund beschloss unsere Geistliche Verwaltung, uns, die wir zu gleicher Zeit diesen Rang erhielten, nämlich mich, Wasiljew in Paris und Polisadow in Genf, zum Empfang dieser Würde nicht nach Russland zu senden, sondern zu einem der nächstgelegenen orthodoxen Bischöfe im Österreichischen Reich. Der Synod überließ uns selbst die Wahl und trat deshalb nicht über das Außenministerium mit der Österreichischen Regierung in Verbindung, so dass jeder von uns anfing, den nächstgelegenen Bischof zu suchen. Da ich hörte, dass in Venedig, welches zu der Zeit noch unter Österreichischer Herrschaft war, einer der serbischen Bischöfe im Ruhestand lebte, wollte ich dorthin fahren. Doch zum Glück erhielt ich noch rechtzeitig durch Vater Janyschew in Wiesbaden die Nachricht, dass Vater Wasiljew auch nach Venedig fahren wollte, sich aber vernünftigerweise über unseren Botschafter in Paris mit der Österreichischen Regierung ins Vernehmen gesetzt und erfahren hatte, dass in Venedig wohl ein Bischof im Ruhestand lebt, dieser jedoch kein Recht zu Weihen besitzt, da er vom Österreichischen Religionsministerium nicht dazu bevollmächtigt ist. Unter den am nächsten an Paris und demnach auch an Stuttgart gelegenen orthodoxen Bischöfen war der in der Nähe von Budapest in der serbischen Stadt St. André lebende Arsenij Stojkewitsch. Auf diese Weise mussten wir zu unserer Erhebung in die Würde des Erzpriesters nach Ungarn reisen. Zunächst in Wien eingetroffen, begab ich mich mit dem Erlass des Konsistoriums, in dem mir vorgeschrieben wurde, mich zur Erhebung in die Würde eines Erzpriesters an den nächsten orthodoxen Bischof auf Österreichischem Gebiet zu wenden, in unsere Gesandtschaft. Dort war man hierüber sehr erstaunt und angesichts eines solch ungewöhnlichen Vorganges verwirrt, und der Gesandte, Baron Meyendorff, erklärte mir, dass ich nicht eher zu dem Bischof reisen könne, als er in dieser Angelegenheit mit der Österreichischen Regierung Rücksprache hält. Nun begann eine Korrespondenz, die mich zwang, über eine Woche in Wien zu leben. Schließlich erklärte man mir in der Gesandtschaft, dass das Papier mit der Erlaubnis für Bischof Arsenij zu meiner Erhebung nach Ofen gesandt sei, und ich fuhr in die Hauptstadt Ungarns, die unter dem Namen Budapest bekannt ist. Am nächsten Tag fuhr ich nach St. André, das zwei Reisestunden von Ofen entfernt liegt. An der bischöflichen Residenz vorgefahren, wunderte ich mich furchtbar, da ich auf dem begrenzten Hof nichts sah, außer einem kleinen einstöckigen Gebäude, das auf einer Seite ähnlich einer Kaserne ausgestreckt war. Es zeigte sich jedoch, dass dies tatsächlich das Haus des Bischofs war. Bischof Arsenij, ein Mann von damals gerade 50 Jahren, empfing mich liebevoll und unterhielt sich mit mir auf kirchenslawisch; er erklärte mir, dass er die Anweisung des Kirchenministeriums hinsichtlich meiner Erhebung noch nicht erhalten habe, und dass er ohne dieses Papier diesen Akt nicht vornehmen könne. Nun musste ich wieder nach Ofen fahren, und in verschiedenen Kanzleien nach dem aus Wien gesandten Schreiben über meine Weihe suchen. Schließlich fand meine Erhebung in die Würde eines Erzpriesters nach langen und großen Bemühungen am 29. August in der Bischofskirche zu St. André statt. Als ich nach Hause zurückkehrte, wollte ich dem Bischof Arsenij meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen und schickte ihm aus meiner Bibliothek die Predigten des Metropoliten Philaret und einige Werke des hochgeweihten Makarij. Doch wie groß war meine Verwunderung, als ich dieses Paket aus Wien zurückerhielt, mit der Bemerkung, dass russische Bücher ohne Übersetzung ins Deutsche nicht nach Österreich eingelassen werden. Auch jetzt befinden sich die Slawen in Österreich, insbesondere die Orthodoxen, unter strenger Kontrolle der Regierung, und unsere gottesdienstlichen Bücher erhalten sie nur auf Umwegen.